Meditation - Geistige Entwicklung

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Meditation

Spirituelles Wissen

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Meditation ist nach innen gerichtete Haltung

„Der Gouverneur unterbrach eine Reise, um dem Meister seine Ehrerbietung zu erweisen. ‚Staatsgeschäfte lassen mir keine Zeit für lange gelehrte Abhandlungen‘, sagte er: ‚Könntet Ihr das Wesentliche der Religion für eine aktiven Menschen wie mich in einem oder zwei Absätzen zusammenfassen?‘
‚Ich werde es mit einem einzigen Wort zum Nutzen Eurer Hoheit ausdrücken.‘
‚Unglaublich! Wie lautet dieses aussergewöhnliche Wort?‘
‚Stille.‘
‚Und auf welchem Weg gelangt man zur Stille?
‚Meditation‘.
‚Und was, darf ich fragen, ist Meditation?‘
‚Stille,‘" (de Mello 1986:11/12).

Wer in die Stille oder in die Meditation geht, sollte sich zuerst reinigen: „Wir sagen immer wieder: Zuerst die Reinigung! Das Bewusstsein muss rein sein und nur den Wunsch oder den Willen haben, alles aus Liebe zu Gott und zum Nächsten zu tun. Denn wer in seiner Wesenheitsvollendung Liebe ausstrahlt, kann von Luzifer nicht versucht werden, denn Luzifer flieht die Liebe. … Wenn ihr in der Stille, in der Meditation, durch das Höhere Selbst in euch die Verbindung mit Gott, eurem Vater, herstellt, so fliesst durch euch jene Kraft, die euch Erkenntnis gibt, Erweiterung eures Bewusstseins und Hilfeleistung bei dem, worum ihr bittet, und Erfolg auf dem geistigen Weg ‚heim ins Vaterhaus‘. Und wenn ihr euch ganz dieser Stille hingebt und die Verbindung in euch aufrecht ist, so werdet ihr zum Kanal der Allmacht durch euch. Dieser Kanal ist gedanken-, wort- und tonlos. Es ist die Gottheit, die durch diesen Kanal wirkt. Und euch beseligt nachher ein Gefühl der Glückseligkeit. Ihr habt dann etwas erlebt, etwas Gewaltiges, das nicht von dieser Welt ist. Es ist dies ein Durchströmen, ein Durchglühen, ein Durchleuchten aus der göttlichen Welt. Das kann die
Erde nicht geben, das kann nur die göttliche Welt geben" (Weidner 2008b:152/153).

„Was immer ihr wahrnehmt, was immer ihr aussprecht – es gibt nichts, das nicht von eurem eigenen Geist stammt. Versteht, dass diese Erkenntnis vom Geist leer ist, dass Nichtdualität der Erkenntnis des Geistes und der Leerheit Weisheit ist. Meditation ist die dauernde Konzentration auf diese Weisheit, ohne jegliche Zerstreuung. Durch Tätigkeiten werden sich Verdienst und Weisheit mehren, während ihr euch vom Standpunkt dieser Meditation gewahr werdet, dass alles wie eine Illusion ist. Wenn ihr einmal unter dem Einfluss dieser Drei steht, dann werdet ihr sie selbst im Traum noch üben" (Wangyal 1973:33/34).

Der Mensch … „muss … eine innere Einsamkeit lernen, wo und bei wem er auch sei. Er muss lernen, die Dinge zu durchbrechen und seinen Gott darin zu ergreifen und den kraftvoll in einer wesenhaften Weise in sich hineinbilden zu können. Vergleichsweise so wie einer, der schreiben lernen will. … so auch soll der Mensch von göttlicher Gegenwart durchdrungen sein und mit der Form seines geliebten Gottes durchformt und in ihm verwesentlicht sein, so dass ihm sein Gegenwärtigsein ohne alle Anstrengung leuchtet, dass er überdies in allen Dingen Bindungslosigkeit gewinne und gegenüber den Dingen völlig frei bleibe" (Eckehart 1979:61/62).

„Der meditative Mensch lässt ab von den Erinnerungen der Vergangenheit und den Beunruhigungen der Zukunft. Er lebt in der Gegenwart. Das Geräusch, das in seinen Sinnen tobt, beruhigt sich, und der Mensch entsteigt sich selbst" (Boros 1978:11).

„Obgleich es des Meisters Tag des Schweigens war, bat ihn ein Reisender um ein Wort der Weisheit, das ihn auf seiner Lebensreise geleiten sollte. Der Meister nickte freundlich, ergriff ein Blatt Papier und schrieb darauf ein einziges Wort: ‚Bewusstheit‘. Der Besucher war verblüfft. ‚Das ist zu kurz. Könntet ihr es etwas näher ausführen?‘ Der Meister nahm das Blatt zurück und schrieb: ‚Bewusstheit, Bewusstheit, Bewusstheit‘. ‚Aber was bedeuten diese Worte?‘ fragte der Fremde ratlos. Der Meister griff wieder nach dem Papier und schrieb: ‚Bewusstheit, Bewusstheit, Bewusstheit bedeutet BEWUSSHEIT.‘" (de Mello 1986:12).

Laut Annemarie Schimmel (1975:98) entspricht die christliche Unterteilung mystischer Stufen in via purgativa, via contemplativa und via illuminativa einigermassen der sufistischen Unterteilung in
sharīᶜa, arīqa und aqīqa. Die arīqa ist der Pfad, auf welchem der Mystiker wandelt, und er kommt gleichsam aus der sharīᶜa heraus, also aus dem göttlichen Gesetz oder der Gott zugewandten Ethik. Laut einem dem Propheten zugeschriebenen Ausspruch besteht sharīᶜa aus meinen Worten, arīqa sind meine Handlungen, und aqīqa ist mein innerer Zustand (vgl. Schimmel 1975:99).

So sagt man in der Türkei:
Sharīᶜa: Dein ist dein, mein ist mein.
arīqa: Dein ist dein, mein ist auch dein.
Maᶜrifa (=ḥ
aqīqa): Es gibt weder mein noch dein (vgl. Schimmel 1975:99).

„Nach Hui-neng ist Zen ‚die Schau in die eigene Selbst-Natur und das Nichtbewegwerden von irgendetwas‘" (Shibayama 1974:69).

„Ein Schüler schlief ein und träumte, er sei im Paradies. Zu seinem Erstaunen fand er dort auch seinen Meister und die anderen Schüler, alle in Meditation versunken. ‚Das bekommt man als Belohnung im Paradies?‘ rief er. ‚Genau das Gleiche haben wir doch auf Erden gemacht!‘ Er hörte eine Stimme: ‚Narr! Du denkst, diese Meditierenden seien im Paradies? Es ist genau umgekehrt – das Paradies ist in ihnen‘" (de Mello 1986:20).

„Wenn wir zu Hause meditieren und gerade in einer dichtbefahrenen Strasse wohnen, können wir den Verkehr nicht einfach anhalten, nur weil wir Frieden und Ruhe brauchen. Wir können aber unseren Wünschen Halt gebieten und den Lärm annehmen. Auch im Lärm liegt Stille. Wir müssen in ihn hineingehen und nichts von aussen erwarten, so wie es Buddha tat. Wir müssen die Situation annehmen, wie sie auch sein mag. Solange wir uns nicht aus der Situation herausstellen, wird sie sich als ein Mittel erweisen, das wir benutzen können" (Trungpa 1977:20/21).

„Es bedarf einiger Übung, Achtsamkeit gegenüber dem Atem zu entwickeln. Die wichtigste Voraussetzung ist dabei, innezuhalten, still zu werden. Dann ist es möglich, in unserem Körper die Bewegung des Atems wahrzunehmen. Wo spüren wir den Atem? Im Brustraum, im Bauch oder im Bereich der Nase? Ist das Einatmen lang oder kurz? Gibt es eine Pause zwischen Ein- und Ausatmung? Falls wird Schwierigkeiten haben, unseren Atem wahrzunehmen, können wir eine Hand leicht auf den Bauch legen und dabei die sanfte Bewegung unter unserer Hand fühlen. Entscheidend ist, dass wir unseren Atem nicht kontrollieren, sondern ihn wahrnehmen, wie er ist. Er ist Ausdruck des Lebens in uns. Wir können unseren Atem einfach wahrnehmen und ihm liebevoll zulächeln. Wir sind entspannt und lassen den Atem geschehen und nehmen einfach wahr, ob der Atem schnell oder langsam, kurz oder lang, tief oder flach ist. Durch unser Gewahrsein wird der Atem nach einer Weile on selbst ruhiger und tiefer" (Hanh 2004:23): „Ich atme ein und weiss, dass ich einatme. Ich atme aus und weiss, dass ich ausatme" (Hanh 2004:24).

„Während der Sitzmeditation gibt es nichts zu tun, niemand möchte etwas von Ihnen. Sitzmeditation ist eine Gelegenheit, einfach nur zu sitzen. Geniessen Sie diese kostbare Zeit. Sie lassen alles Haften an Wünschen, Plänen, Unerledigtem, Sorgen und so weiter los. Sie lassen alles Anhaften los, ebenso alles Ablehnen, und Sie verweilen in Gleichmut. Sie erlauben Ihrem Geist, sich zu entspannen und zu seinem natürlichen Zustand zurückzukehren" (Hanh 2004:25).

Meditative Lebensweise bedeutet, dass „Herz und Seele eines Menschen bei allem, was er tut, ganz gegenwärtig ist …: Offensein; jungbleiben durch schöpferische Gegenwart; ohne Selbstverstellung und Eigensinn leben, die Menschen nicht nach Massstäben der Nur-Äusseren-Korrektheit beurteilen; auf das Noch-Unerschlossene und Ausstehende zugehen" (Boros 1978:43).

Es ist ganz einfach: Meditation oder meditative Haltung ist die bewusste Wahrnehmung was ist. Achtsamkeit, Bewusstheit und Blick nach innen reichen aus – alles andere ergibt sich von selbst.

Hier finden Sie alle Literaturnachweise und Quellenangaben.

Download dieses Textes als pdf-Datei: Text GE 16: Meditation.


 
 
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